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Bundesgerichtshof entscheidet über die Immunität eines staatlichen Hoheitsträgers bei Kriegsverbrechen

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Urteil vom 28. Januar 2021 – 3 StR 564/19

Das Oberlandesgericht München hat den Angeklagten wegen gefährlicher Körperverletzung in drei Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit Nötigung und in zwei Fällen in Tateinheit mit versuchter Nötigung, und wegen eines Kriegsverbrechens gegen Personen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt. Die Vollstreckung der Strafe hat es zur Bewährung ausgesetzt. Die zu Lasten des Angeklagten eingelegte Revision des Generalbundesanwalts hat weitgehend Erfolg. Das Rechtsmittel des Angeklagten wurde verworfen.

Nach den vom Oberlandesandgericht getroffenen Feststellungen war der Angeklagte als Oberleutnant der afghanischen Armee auf einem ihrer Stützpunkte tätig. Bei der Befragung dreier Gefangener wandten er und der stellvertretende Kommandeur aufgrund eines gemeinsamen Entschlusses Drohungen sowie Gewalt an. Ferner veranlasste der Angeklagte, dass der Leichnam eines Talibankommandeurs an einem Schutzwall aufgehängt, wie eine Trophäe präsentiert und herabgewürdigt wurde.

Der 3. Strafsenat hat entschieden, dass einer Strafverfolgung des Angeklagten in Deutschland bei Anwendung der Regeln des Völkerrechts nicht das Verfahrenshindernis der Immunität eines staatlichen Funktionsträgers entgegensteht. Da insofern keine ernstzunehmenden Zweifel bestehen, hat der Senat hierüber befinden können, ohne zuvor eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes einzuholen.

In der Sache ist der Bundesgerichtshof davon ausgegangen, dass das Oberlandesgericht die Feststellungen rechtsfehlerfrei getroffen hat. Danach hat sich der Angeklagte in Bezug auf die Misshandlung der Gefangenen neben den vom Oberlandesgericht angenommenen Delikten auch wegen des Kriegsverbrechens der Folter strafbar gemacht. Daher hat der 3. Strafsenat den Schuldspruch entsprechend geändert und die davon betroffenen Strafen aufgehoben. Er hat die weitergehenden Revisionen verworfen, da das angefochtene Urteil ansonsten nicht zu beanstanden ist. Das Oberlandesgericht wird nun eine neue Einzelstrafe für den ersten Tatkomplex und eine neue Gesamtstrafe zu bilden haben.

Die Entscheidung bedeutet über den Einzelfall hinaus, dass die Verfolgung von Verstößen gegen das Völkerstrafgesetzbuch durch deutsche Behörden und Gerichte in Fällen wie dem vorliegenden weiterhin rechtlich möglich ist.

Vorinstanz:

Oberlandesgericht München – Urteil vom 26. Juli 2019 – 8 St 5/19

Die maßgeblichen Vorschriften lauten:

§ 8 Abs. 1 Nr. 3 VStGB:

„(1) Wer im Zusammenhang mit einem internationalen oder nichtinternationalen bewaffneten Konflikt

(…)

3.eine nach dem humanitären Völkerrecht zu schützende Person grausam oder unmenschlich behandelt, indem er ihr erhebliche körperliche oder seelische Schäden oder Leiden zufügt, insbesondere sie foltert oder verstümmelt,

wird (…) in den Fällen der Nummern 3 bis 5 mit Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren (…) bestraft.“

Art. 100 Abs. 2 GG:

„Ist in einem Rechtsstreit zweifelhaft, ob eine Regel des Völkerrechtes Bestandteil des Bundesrechtes ist und ob sie unmittelbar Rechte und Pflichten für den Einzelnen erzeugt (Artikel 25), so hat das Gericht die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes einzuholen.“

Karlsruhe, den 28. Januar 2021

Pressestelle des Bundesgerichtshofs
76125 Karlsruhe
Telefon (0721) 159-5013
Telefax (0721) 159-5501

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